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Das neue Revisionsrecht



Manuel Aeby
dipl. Wirtschaftsprüfer
Partner Ernst & Young

Vorstandsmitglied Treuhand-Kammer
Sektion Basel Region

manuel.aeby@ch.ey.com

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Das Parlament berät das neue Revisionsrecht

Neue Spielregeln für die Revisoren

Nach diversen Börsenskandalen wurden in den USA die aufsichtsrechtlichen Vorschriften massiv verschärft. Daraus wurde ein internationaler Trend, dem sich die Schweiz nicht entziehen kann. Noch im laufenden Jahr wird das Parlament das neue Revisionsaufsichtsgesetz verabschieden. Es definiert erstmals die Anforderungen an die Wirtschaftsprüfer und schreibt unterschiedliche Prüfungen für KMU und Grossbetriebe vor.

Die Schweizer Revisionsbranche steht vor einem tief greifenden Wandel: Die Revisoren werden neu einer staatlichen Aufsichtsbehörde unterstellt und damit wird die bisherige Selbstregulierung der Vergangenheit angehören. Die Aufgaben des Prüfers werden substanziell erweitert und an internationale Grundsätze angeglichen. Anderseits soll es auch Erleichterungen für die Prüfung von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) geben. Das Bundesamt für Justiz hat ein neues Revisionsaufsichtsgesetz (RAG) und Änderungen im Obligationenrecht ausgearbeitet. Die Botschaft hat der Bundesrat im Juni letzten Jahres publiziert. Das Parlament wird das Gesetz im laufenden Jahr beraten. Die Neuerungen dürften 2006, spätestens aber 2007 in Kraft gesetzt werden.

Im Schatten der US-Skandale

Hintergrund dieser Änderungen sind die zahlreichen Bilanzskandale in den USA, aber auch in der Schweiz. Nach dem Zusammenbruch des US-Energiekonzerns Enron erliessen die USA den „Sarbanes-Oxley Act“. Dieser hat zum Ziel, die Corporate Governance der Unternehmen zu verbessern und bei den Prüfgesellschaften neben der umfassenderen Prüfung eine strengere Trennung von Revision und Beratung durchzusetzen. Mit dem Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) wurde zudem eine neue staatliche Aufsichtsstelle geschaffen.

Im Zuge dieser Ereignisse hat sich der Bundesrat entschlossen, das Revisionsrecht sowie die Bestimmungen zur Revisionsaufsicht rasch an die internationalen Entwicklungen anzupassen. Mit den vorliegenden Entwürfen zur Revision des Obligationenrechtes und zum neuen RAG sollen die geltenden Vorschriften zur Revision umfassend verbessert und die Revisionspflicht unabhängig von der Rechtsform einer Gesellschaft definiert werden. Bei diesen Neuerungen wurden die Bedürfnisse der kleinen und mittleren Unternehmen berücksichtigt.

Unternehmensspezifische Regelung der Revisionspflicht

Die Revisionspflicht basiert nicht mehr auf der Rechtsform eines Unternehmens. Vielmehr werden folgende Unterscheidungen nach Unternehmensgrösse getroffen:

  • Publikumsgesellschaften: börsenkotiert bzw. mit ausstehenden Anleihen

  • Wirtschaftlich bedeutende Unternehmen: die Bilanzsumme übersteigt 6 Mio., der Umsatz 12 Mio. Franken und sie beschäftigen mindestens 50 Mitarbeiter; zwei dieser drei Kriterien müssen in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren erfüllt sein

  • Kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Publikumsgesellschaften und wirtschaftlich bedeutende Unternehmen müssen ihre Jahres- und Konzernrechnung von ihrer Revisionsstelle ordentlich revidieren lassen. Die ordentliche Revision entspricht grundsätzlich der Revision des bisherigen Aktienrechts. Allerdings ist der Aufgabenkatalog präzisiert und erweitert worden. Insbesondere werden die Angaben bei der Prüfung des Internen Kontrollsystems erweitert.

Für die KMU sieht der Gesetzesentwurf nur noch eine eingeschränkte Prüfung durch die Revisionsstelle vor. Bei der eingeschränkten Revision handelt es sich um eine für das Schweizer Gesellschaftsrecht neuartige Form der Prüfung. International hat sich diese Art der Prüfung als „prüferische Durchsicht“ bzw. „Review“ bereits durchgesetzt.

Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern (Vollzeitstellen) sollen durch Beschluss der Gesellschafter- oder Generalversammlung auf eine Revision verzichten können (das sogenannte „Opting-out“). Die Anzahl solcher kleiner Gesellschaften ist beträchtlich. Man rechnet damit, dass ca. 240'000 Aktien-Gesellschaften, welche heute einer Revisionspflicht unterstehen, in Zukunft auf die Ernennung einer Revisionsstelle verzichten können.

Festlegung der Prüfungsaufgaben

Für die Revisionsstellen von Publikumsgesellschaften und anderen wirtschaftlich bedeutenden Unternehmen werden neu die Prüfungsaufgaben präziser festgelegt. Damit soll einer der grossen Mängel des bisherigen Rechts, nämlich die Umschreibung der Prüfung in einer Art Generalklausel und der damit zusammenhängenden übertriebenen Erwartungshaltung der Öffentlichkeit  (man spricht von einer „Expectation Gap“), behoben werden. Neu hat sich die Revisionsstelle bei ordentlichen Prüfungen auch explizit zur Existenz und Funktionsweise des internen Kontrollsystems (IKS) sowie zur adäquaten Risikobeurteilung durch den Verwaltungsrat zu äussern. Ferner hat eine detaillierte zusätzliche Berichterstattung über das Resultat der Prüfungsarbeiten zu erfolgen.

Die eingeschränkte Revision sieht dagegen nur limitierte Prüfungshandlungen sowie eine vereinfachte Berichterstattung vor. Beispielsweise muss keine eingehende Prüfung der Einzelpositionen sowie deren Bewertung erfolgen. Es braucht keine physische Bestandesaufnahme und das Interne Kontrollsystem muss nicht geprüft werden.

Verschärfte Vorschriften zur Unabhängigkeit

Das bisherige Recht kennt keine detaillierten Vorschriften zur Unabhängigkeit der Revisoren. Dieser Mangel wurde nun behoben. Neu ist der ordentlichen Revisionsstelle die Erbringung von Dienstleistungen verboten, mit denen das Risiko entstehen könnte, eigene Arbeiten überprüfen zu müssen (Verbot der Selbstprüfung). Darunter fallen u.a. die Mitwirkung bei der Buchführung und der Abschlusserstellung.

Für die eingeschränkte Revision gilt ein weniger strenger Massstab. So ist beispielsweise die Mitwirkung der Revisionsstelle bei der Buchführung zugelassen, sofern sichergestellt ist, dass die Buchhaltungs- und die Revisionsarbeiten personell getrennt durchgeführt werden.  Kategorien von Revisoren

Die fachlichen Anforderungen an die Revisoren werden im Gesetzesentwurf nach der Art der Revision und der Bedeutung der zu prüfenden Gesellschaft in verschiedene Kategorien eingeteilt. Für die ordentliche Revision von wirtschaftlich bedeutenden Unternehmen ist ein zugelassener Revisionsexperten vorgeschrieben, also ein eidg. dipl. Wirtschaftsprüfer oder Inhaber von vergleichbaren Diplomen mit entsprechender Fachpraxis. Die ordentliche Revision von Publikumsgesellschaften setzt ein staatlich beaufsichtigtes Revisionsunternehmen voraus, welches zugelassene Revisionsexperten beschäftigt und von einer neu zu schaffenden Eidgenössischen Revisionsaufsichtbehörde beaufsichtigt wird.

Für die eingeschränkte Revision muss mindestens ein staatlich zugelassener Revisor beigezogen werden. Die Anforderungen hinsichtlich Ausbildung und Berufspraxis gehen weniger weit als bei den Revisionsexperten.

Welches sind die Folgen dieser Neuerungen ?

Die vorgeschlagenen Änderungen werden wohl eine inskünftige Zweiteilung der Branche bewirken. Auf der einen Seite steht das detailliert geregelte Prüfgeschäft für Publikumsgesellschaften und wirtschaftlich bedeutende Unternehmen mit enger Anbindung an internationale Normen. Auf der anderen Seite die Prüfung und Beratung von KMU mit weniger weit reichenden Vorschriften, allenfalls sogar mit einem Verzicht auf die Prüfung. Beide Branchenausrichtungen bieten Chancen für den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer.