Region Basel / Themen 2006
  
 

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Mehrwertsteuer



Oliver Gasser
dipl. Steuerexperte
Hehlen Treuhand AG,
Reinach BL
Mitglied der Treuhand-Kammer
gasser@hehlen-treuhand.ch

 

 

    

  Wünschenswerte Vereinfachung der Mehrwertsteuer
 

Bleibt die Vision ein Traum?

 
     
 

Die Mehrwertsteuer bildet wegen ihrer enormen Komplexität ein Ärgernis und auch ein finanzielles Risiko für die Steuerpflichtigen. Die Zielsetzung des Bundesrates, das Mehrwertsteuersystem zu vereinfachen, ist deshalb zu begrüssen. Die Durchsetzung dürfte aber auf Widerstand stossen. Bestehende Privilegien müssten aufgegeben werden.

 
     
 

Die Mehrwertsteuer ist eine Selbstveranlagungssteuer. Dies bedeutet, dass der Mehrwertsteuerpflichtige die Deklaration aufgrund seiner Buchhaltungsdaten selber ausfüllt und der Eidgenössischen Steuerverwaltung den geschuldeten Steuerbetrag überweist oder sein Steuerguthaben einfordert. Eine detaillierte Prüfung seitens der Steuerbehörde über die letzten fünf Jahre findet erst bei einer Mehrwertsteuerkontrolle vor Ort statt.

Aufgrund dieser Regelung und da es sich bei der Mehrwertsteuer um eine komplexe Materie handelt, muss heute davon ausgegangen werden, dass nur die wenigsten Mehrwertsteuerabrechnungen korrekt ausgefüllt werden. Somit besteht ein grosses Risiko für massive Steuernachforderungen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung erwähnt in diesem Zusammenhang die grosse Wirtschaftlichkeit und Effizienz solcher «Aussenkontrollen», denn die damit anfallenden Kosten werden im Durchschnitt durch den neunfachen Ertrag gedeckt; eine unglaubliche Rendite!

Der Traum vom Einheitssteuersatz

Bundesrat Merz möchte nun zur Vereinfachung einen Einheitssteuersatz bei der Mehrwertsteuer einführen. Dieser sollte etwa zwischen 5% bis 6% liegen.

Die aktuellen Werte betragen:
- Steuersatz für Ess- und Trinkwaren ohne gastgewerbliche Leistungen, diverse Medikamente, Zeitungen, Bücher: 2,4%
- Sondersatz für die Hotellerie (Übernachtung mit Frühstück): 3,6%
- Normalsatz: 7,6%.

Bekanntlich belastet die Mehrwertsteuer den Konsum und nimmt keine Rücksicht auf das Einkommen des einzelnen Konsumenten. Aus diesem Grund sollte, bevor der Einheitssteuersatz eingeführt wird, die Frage beantwortet werden, wie sich die Vereinheitlichung des Mehrwertsteuersatzes auf die Kaufkraft von Personen oder Familien mit kleineren Einkommen konkret auswirkt.

Ein Vorteil des Einheitssteuersatzes wäre sicher das Wegfallen der in der Praxis immer wieder zu Problemen führenden Frage, ob eine Leistung zu 2,40% oder zu 7,60% besteuert wird. Die Verwendung des falschen Mehrwertsteuersatzes führt bei Mehrwertsteuerkontrollen regelmässig zu Aufrechnungen und Nachzahlungen und bildet deshalb für die Steuerpflichtigen ein nicht zu unterschätzendes Risiko.

Abgrenzungsprobleme und Ausnahmen

Die von der Mehrwertsteuer ausgenommenen Leistungen verursachen in der Praxis ebenfalls Abgrenzungsprobleme. Leistungserbringer, welche nur von der Mehrwertsteuer ausgenommene Umsätze erzielen, können keinen Vorsteuerabzug vornehmen und unterbrechen damit den Mehrwertsteuerkreislauf. Dies führt zu einer «Schattensteuer» und einer Erhöhung des Verkaufspreises.

Problematisch ist auch die gemischte Verwendung – mehrwertsteuerpflichtige und von der Mehrwertsteuer ausgenommene Umsätze – da der Vorsteuerabzug entsprechend zugeteilt bzw. gekürzt werden muss. Bundesrat Merz möchte alle 25 Steuerausnahmen abschaffen, spricht jedoch schon wieder von Ausnahmen (z.B. Mieteinnahmen, Zinserträge).

Verzicht auf Schikanen

Bei formellen Fragen (z.B. bei der Firmenanschrift auf Rechnungen) werden heute immer wieder Aufrechnungen seitens der Verwaltung vorgenommen, obwohl dem Bund bei irrtümlichen Angaben nachweislich kein Steuerausfall entsteht. Eine solche «Doppelbesteuerung» kann nicht dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers entsprechen und ist auch für den Wirtschaftsstandort Schweiz nicht förderlich. Hier könnte Bundesrat Merz bereits schon heute den «Dschungel » etwas lichten und die Eidgenössische Steuerverwaltung dazu anhalten, eine vernünftigere und praxisgerechtere Auslegung formeller Fragen vorzunehmen.

Widerstand im Parlament

Der Wille zu Vereinfachungen seitens des Bundesrates ist sicher vorhanden, deren Umsetzung hingegen wird jedoch nicht einfach sein, da dies Änderungen auf Gesetzesstufe erfordert. Diverse Politiker haben bereits angekündigt, gegen die Abschaffung von gewissen Steuerausnahmen Widerstand zu leisten. Schon aus politischen Gründen kann deshalb nicht damit gerechnet werden, dass in nächster Zeit das Parlament grössere Vereinfachungen beschliesst.