Die
Mehrwertsteuer ist eine Selbstveranlagungssteuer. Dies bedeutet, dass
der Mehrwertsteuerpflichtige die Deklaration aufgrund seiner
Buchhaltungsdaten selber ausfüllt und der Eidgenössischen
Steuerverwaltung den geschuldeten Steuerbetrag überweist oder sein
Steuerguthaben einfordert. Eine detaillierte Prüfung seitens der
Steuerbehörde über die letzten fünf Jahre findet erst bei einer
Mehrwertsteuerkontrolle vor Ort statt.
Aufgrund
dieser Regelung und da es sich bei der Mehrwertsteuer um eine komplexe
Materie handelt, muss heute davon ausgegangen werden, dass nur die
wenigsten Mehrwertsteuerabrechnungen korrekt ausgefüllt werden. Somit
besteht ein grosses Risiko für massive Steuernachforderungen. Die
Eidgenössische Steuerverwaltung erwähnt in diesem Zusammenhang die
grosse Wirtschaftlichkeit und Effizienz solcher «Aussenkontrollen», denn
die damit anfallenden Kosten werden im Durchschnitt durch den neunfachen
Ertrag gedeckt; eine unglaubliche Rendite!
Der Traum
vom Einheitssteuersatz
Bundesrat
Merz möchte nun zur Vereinfachung einen Einheitssteuersatz bei der
Mehrwertsteuer einführen. Dieser sollte etwa zwischen 5% bis 6% liegen.
Die aktuellen
Werte betragen:
- Steuersatz für Ess- und Trinkwaren ohne gastgewerbliche Leistungen,
diverse Medikamente, Zeitungen, Bücher: 2,4%
- Sondersatz für die Hotellerie (Übernachtung mit Frühstück): 3,6%
- Normalsatz: 7,6%.
Bekanntlich
belastet die Mehrwertsteuer den Konsum und nimmt keine Rücksicht auf das
Einkommen des einzelnen Konsumenten. Aus diesem Grund sollte, bevor der
Einheitssteuersatz eingeführt wird, die Frage beantwortet werden, wie
sich die Vereinheitlichung des Mehrwertsteuersatzes auf die Kaufkraft
von Personen oder Familien mit kleineren Einkommen konkret auswirkt.
Ein Vorteil
des Einheitssteuersatzes wäre sicher das Wegfallen der in der Praxis
immer wieder zu Problemen führenden Frage, ob eine Leistung zu 2,40%
oder zu 7,60% besteuert wird. Die Verwendung des falschen
Mehrwertsteuersatzes führt bei Mehrwertsteuerkontrollen regelmässig zu
Aufrechnungen und Nachzahlungen und bildet deshalb für die
Steuerpflichtigen ein nicht zu unterschätzendes Risiko.
Abgrenzungsprobleme und Ausnahmen
Die von der
Mehrwertsteuer ausgenommenen Leistungen verursachen in der Praxis
ebenfalls Abgrenzungsprobleme. Leistungserbringer, welche nur von der
Mehrwertsteuer ausgenommene Umsätze erzielen, können keinen
Vorsteuerabzug vornehmen und unterbrechen damit den
Mehrwertsteuerkreislauf. Dies führt zu einer «Schattensteuer» und einer
Erhöhung des Verkaufspreises.
Problematisch
ist auch die gemischte Verwendung – mehrwertsteuerpflichtige und von der
Mehrwertsteuer ausgenommene Umsätze – da der Vorsteuerabzug entsprechend
zugeteilt bzw. gekürzt werden muss. Bundesrat Merz möchte alle 25
Steuerausnahmen abschaffen, spricht jedoch schon wieder von Ausnahmen
(z.B. Mieteinnahmen, Zinserträge).
Verzicht
auf Schikanen
Bei formellen
Fragen (z.B. bei der Firmenanschrift auf Rechnungen) werden heute immer
wieder Aufrechnungen seitens der Verwaltung vorgenommen, obwohl dem Bund
bei irrtümlichen Angaben nachweislich kein Steuerausfall entsteht. Eine
solche «Doppelbesteuerung» kann nicht dem ursprünglichen Willen des
Gesetzgebers entsprechen und ist auch für den Wirtschaftsstandort
Schweiz nicht förderlich. Hier könnte Bundesrat Merz bereits schon heute
den «Dschungel » etwas lichten und die Eidgenössische Steuerverwaltung
dazu anhalten, eine vernünftigere und praxisgerechtere Auslegung
formeller Fragen vorzunehmen.
Widerstand
im Parlament
Der Wille zu
Vereinfachungen seitens des Bundesrates ist sicher vorhanden, deren
Umsetzung hingegen wird jedoch nicht einfach sein, da dies Änderungen
auf Gesetzesstufe erfordert. Diverse Politiker haben bereits
angekündigt, gegen die Abschaffung von gewissen Steuerausnahmen
Widerstand zu leisten. Schon aus politischen Gründen kann deshalb nicht
damit gerechnet werden, dass in nächster Zeit das Parlament grössere
Vereinfachungen beschliesst.
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