Neues Rechnungslegungsgesetz
Steuerfalle noch nicht fakturierte Dienstleistungen
Das neue Rechnungslegungsgesetz verlangt,
dass spätestens ab 2015 auch die noch nicht in Rechnung gestellten
Dienstleistungen in der Jahresrechnung zu bilanzieren sind. Im Jahr der
erstmaligen Anwendung ergibt sich für die Steuerpflichtigen damit eine
möglicherweise markante Mehrbelastung. Der Autor schlägt eine Reihe von
Massnahmen zur Linderung vor.
Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen
über die kaufmännische Buchführung schreiben lediglich vor, dass Vorräte
sowie Halb- und Fertigfabrikate bilanziert werden müssen. Für unfertige
oder noch nicht fakturierte Dienstleistungen hingegen besteht keine
gesetzliche Regelung. Vermutlich waren im Zeitpunkt der Gesetzgebung
Dienstleistungen volkswirtschaftlich noch nicht von so grosser Bedeutung
wie heute, so dass kein Anlass bestand, dieses „Detail“ gesetzlich zu
regeln.
Diese Gesetzeslücke löste die Praxis
pragmatisch auf typisch schweizerische Art: Noch nicht fakturierte
Dienstleistungen dürfen aktiviert werden, ein Zwang besteht jedoch
nicht. Dienstleistungserbringer wie Ärzte, Anwälte, Architekten usw.,
aber auch Kapitalgesellschaften verzichten heute noch häufig aus Gründen
der Einfachheit oder Steueroptimierung ganz legal auf die Bilanzierung.
Nicht im Handelsregister eintragungspflichtige Einzelunternehmen und
Personengesellschaften bilanzieren sogar die Forderungen aus erbrachten
Dienstleistungen per Jahresabschluss nicht immer, sondern verbuchen erst
den Zahlungseingang. Da die Jahresrechnung als Basis für die
Steuererklärung dient, wird die Besteuerung erst im Zeitpunkt der
Verbuchung vorgenommen. Die Steuerverwaltung stört dies in der Regel
nicht: die Erträge werden ja früher oder später sowieso besteuert.
Bilanzierung mit schmerzhaften Folgen
Das neue Rechnungslegungsgesetz schreibt nun
aber unmissverständlich vor, dass Vorräte und auch nicht fakturierte
Dienstleistungen in der Jahresrechnung bilanziert werden müssen. Nur die
nicht im Handelsregister eintragungspflichtigen Einzelunternehmen und
Personengesellschaften, die weniger als 500‘000 Franken Umsatz erzielen,
können weiterhin auf die Erfassung der Debitoren und noch nicht
fakturierten Dienstleistungen verzichten.
Nicht fakturierte Dienstleistungen sind zu
Herstellkosten zu bilanzieren. Wie die Herstellkosten ermittelt werden,
muss dokumentiert werden. Von der einmal angewandten Methode sollte in
den Folgejahren ohne triftigen Grund nicht abgewichen werden.
Im Zeitpunkt der Umstellung auf die neuen
Rechnungslegungsvorschriften (zwingend ab 1.1.2015 anzuwenden) ergibt
sich ein höchst unerfreulicher Steuereffekt: Die erstmalige Bilanzierung
von noch nicht fakturierten Leistungen und eventuell der Forderungen aus
erbrachten Dienstleistungen führt zu steuerbarem Ertrag, obwohl kein
einziger Franken mehr auf dem Bankkonto liegt. Denn die Umstellung ist
ein rein buchhalterischer Vorgang und hat zur Folge, dass Erträge, die
bisher in der Jahresrechnung nicht berücksichtigt wurden, zeitlich
früher gewinnwirksam erfasst werden.
Nicht zu vergessen ist zudem die
AHV-Ausgleichskasse: Bei Selbstständigerwerbenden werden die
AHV-Beiträge aufgrund des steuerbaren Erwerbseinkommen erhoben. Je nach
persönlicher Steuersituation kann die Belastung mit Steuern und AHV
zusammen locker 40% betragen – dass es sich um einen Einmaleffekt
handelt, ist nur ein kleiner Trost. Auch bei Kapitalgesellschaften ist
der Steuereffekt von bis zu 25% immer noch schmerzhaft. Grund genug
also, sich Gedanken darüber zu machen.
Was tun?
Schon Voltaire meinte: Alle Menschen sind
klug – die einen vorher, die anderen nachher. Im Sinne einer
vorausschauenden Handlungsweise gilt es, legale
Steueroptimierungsmöglichkeiten auszuschöpfen und die richtigen
Gegenmittel jetzt zu finden. Bei richtiger Anwendung und Dosierung
können die schlimmsten Steuerschmerzen wenigstens gelindert werden.
Zunächst sollte der Wert der noch nicht
fakturierten Dienstleistungen und die Steuerfolgen einigermassen
zuverlässig geschätzt werden. Danach sind ein paar Gedanken zur
persönlichen und steuerlichen Zukunft bis etwa 2016 anzustellen. Je nach
Situation kommen vor allem folgende Massnahmen in Frage:
-
Änderung des Fakturierungsrhythmus;
-
Erstmalige Bilanzierung der Debitoren
und/oder der noch nicht fakturierten Dienstleistungen vor Umstellung
auf das neue Rechnungslegungsgesetz (Ausnutzen des Wahlrechtes unter
bisherigem Rechnungslegungsgesetz);
-
Umstellung der Jahresrechnung auf das
neue Rechnungslegungsgesetz vorziehen;
-
Überlegungen zur Bewertung der noch
nicht fakturierten Dienstleistungen;
-
Zeitliche Verschiebung von
Liegenschaftssanierungen, Pensionskasseneinkäufen und anderen
geplanten, steuerlich abzugsfähige Auslagen (sofern es die
Liquiditätslage erlaubt).
Welche Massnahmen möglich und steuerlich
sinnvoll sind, sollte mit einem fachlich ausgewiesenen Treuhänder oder
Steuerberater besprochen werden. Auch andere Überlegungen als nur rein
steuerliche müssen berücksichtigt werden, sonst wird zwar der
Steuerschmerz gelindert, dafür treten dann neue Leiden auf.
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