Region Basel / Beiträge 2014
  
 

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Stefan Inderbinen



dipl. Wirtschaftsprüfer
dipl. Pensionskassenleiter
Direktor KPMG AG
Mitglied der Treuhand-Kammer
stefaninderbinen@kpmg.com 
 

 

 

    

 

Pensionskassen-Unterdeckung

Was Versicherte wissen müssen

Auch wenn sich die Finanzdaten im abgelaufenen Jahr verbessert haben, so gibt es weiterhin Pensionskassen, die eine Unterdeckung aufweisen. Was bedeutet dies genau und welches sind die Auswirkungen einer Unterdeckung für die Versicherten?  Und was muss der Versicherte bei einem Stellenwechsel beachten?

Wenn eine Pensionskasse nicht mehr in der Lage ist, alle Ansprüche (Renten- und Kapitalleistungen) ihrer Versicherten auf einen Schlag zu erfüllen, spricht man von einer Unterdeckung. Es handelt sich hierbei um eine rein theoretische Berechnung, da in der Praxis nicht alle Versicherten auf einmal alle Renten- und/oder Kapitalbezüge geltend machen. Eine Unterdeckung bedeutet jedoch nicht, dass eine Pensionskasse zahlungsunfähig ist. Sobald eine Pensionskasse einen Deckungsgrad von 90 Prozent unterschreitet, ist sie von Gesetzes wegen dazu verpflichtet, Massnahmen zur Behebung in die Wege zu leiten. Mit diesen Sanierungsmassnahmen sollte die Unterdeckung beseitigt werden. Die Versicherten müssen über die beschlossenen Sanierungsmassnahmen informiert werden.

Es bestehen grundsätzlich die folgenden Sanierungsmassnahmen:

  • Erhebung von Sanierungsbeiträgen bei den aktiven Versicherten: Von den Arbeitnehmern können Beiträge für die Beseitigung der Unterdeckung erhoben werden. Der Beitrag des Arbeitgebers muss mindestens gleich hoch sein, wie die Summe der Beiträge aller Arbeitnehmer.

  • Nullverzinsung oder geringere Verzinsung der Alterskonten: Diese Massnahmen sind nur möglich, wenn die Gesamtleistung der Pensionskasse über den obligatorischen BVG-Teil hinausgeht.

  • Sistierung des WEF-Vorbezugs: Die Pensionskasse kann im Reglement vorsehen, dass ein Vorbezug für die Amortisation von bestehenden Hypotheken während der Zeit der Unterdeckung nicht mehr möglich ist. Ein WEF-Vorbezug für den Erwerb von Wohneigentum ist trotzdem weiterhin möglich.

  • Sanierungsbeiträge von Rentnern: Auch von den Rentnern kann verlangt werden, dass sie sich an den Sanierungsmassnahmen beteiligen. Es erfolgt eine Verrechnung der Beiträge mit der laufenden Rente. Es dürfen jedoch nur Sanierungsbeiträge auf dem Teil der laufenden Rente eingefordert werden, welcher in den letzten zehn Jahren durch gesetzliche oder nicht reglementarische Erhöhungen entstanden ist. Die Höhe der Rente bei der Entstehung des Anspruchs bleibt auf jeden Fall erhalten.

Welche Fragen muss sich der Versicherte stellen?

Ein Stellenwechsel aus einer Pensionskasse mit Unterdeckung ist grundsätzlich unproblematisch. Auch wenn der Deckungsgrad der Pensionskasse beim Austritt unter 100 Prozent liegt, erhält der Versicherte seine volle Freizügigkeitsleistung, also das gesamte Alterskapital.

Anders sieht die Situation aus bei sogenannten Teilliquidationen, also bei einer erheblichen Verminderung der Belegschaft, Restrukturierung der Unternehmung oder Auflösung des Anschlussvertrages. Wenn ganze Abteilungen schliessen oder Massenentlassungen stattfinden, schreibt das Gesetz die proportionale Kürzung der Freizügigkeitsleistungen vor.

Beim Stellenwechsel kann die Unterdeckung bei der Pensionskasse des neuen Arbeitgebers wesentliche Konsequenzen für den Versicherten haben. Neben den gängigen Fragen zum Leistungsniveau und zum Anteil des Arbeitgebers an der Gesamtfinanzierung sollte man sich heute deshalb auch unbedingt nach der finanziellen Situation der Pensionskasse erkundigen. Liegt bei der Pensionskasse der Deckungsgrad unter 100 Prozent, muss man den neuen Arbeitgeber fragen, wie er die Deckungslücke schliessen will. Beim Vergleich der Deckungsgrade zwischen verschiedenen Pensionskassen muss beachtet werden, mit welchem technischen Zinssatz gerechnet wurde. Ein hoher technischer Zinssatz bedeutet, dass man bei den Annahmen von optimistischen zukünftigen Anlageerträgen ausgegangen ist. Die meisten Pensionskassenexperten bezeichnen heute 3 Prozent als realistische Grösse. Je nach vorgesehenen Sanierungsmassnahmen wird man als Versicherter mehr oder weniger zur Kasse gebeten.

Wenn ein Versicherter nach einem Stellenwechsel einen WEF-Vorbezug für die Amortisation einer Hypothek beabsichtigt, dann sollte er abklären, ob das bei seiner neuen Pensionskasse während der Unterdeckung möglich ist.

Ob ein Pensionskasseneinkauf bei einer Unterdeckung noch zweckmässig ist oder nicht, lässt sich nicht allgemein beurteilen. Hat der Versicherte zum Ziel, die Altersleistungen zu erhöhen, dann ist es wahrscheinlich nicht sinnvoll, Einkäufe weiterhin zu tätigen. Ist das Hauptziel des Einkaufes die Steueroptimierung, dann ist ein Pensionskasseneinkauf weiterhin zu prüfen. Die Verminderung der Rendite nach Steuern wird zwar durch eine Minderverzinsung der Guthaben beeinflusst, kann aber bei hoher Grenzsteuerbelastung weiterhin interessant sein. Die durch den Versicherten zusätzlich geleisteten Einkäufe wären im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Pensionskasse durch den BVG-Sicherheitsfonds abgedeckt, falls noch kein Leistungsfall eingetreten ist. Vorsicht ist jedoch in denjenigen Fällen geboten, wo allenfalls eine Teilliquidation droht. Bei einer Teilliquidation wird das Altersguthaben des Versicherten anteilsmässig um den Fehlbetrag gekürzt. Entsprechend sind auch die freiwilligen Einkäufe davon betroffen.

Empfehlungen an die Versicherten

Der Austritt aus einer Pensionskasse mit Unterdeckung bei einem Stellenwechsel ist grundsätzlich unproblematisch. Der Eintritt in eine Pensionskasse mit Unterdeckung muss jedoch abgewogen werden, wobei der Versicherte keinen grossen Handlungsspielraum hat, denn bei einem Stellenwechsel muss er das Freizügigkeitskapital zwingend an die neue Pensionskasse übertragen. Auch die Sanierungsmassnahmen der neuen Pensionskasse lassen sich durch den Versicherten leider nicht beeinflussen. Das Thema Unterdeckung kann nur in die Lohnverhandlungen einbezogen werden, indem tiefere Verzinsungen oder Prämienerhöhungen durch einen höheren Lohn kompensiert werden.