Pensionskassen-Unterdeckung
Was Versicherte wissen müssen
Auch wenn sich die Finanzdaten im abgelaufenen Jahr verbessert haben, so
gibt es weiterhin Pensionskassen, die
eine Unterdeckung aufweisen. Was bedeutet dies genau und welches sind
die Auswirkungen einer Unterdeckung für die Versicherten? Und was muss
der Versicherte bei einem Stellenwechsel beachten?
Wenn eine Pensionskasse nicht mehr in der Lage ist, alle Ansprüche
(Renten- und Kapitalleistungen) ihrer Versicherten auf einen Schlag zu
erfüllen, spricht man von einer Unterdeckung. Es handelt sich hierbei um
eine rein theoretische Berechnung, da in der Praxis nicht alle
Versicherten auf einmal alle Renten- und/oder Kapitalbezüge geltend
machen. Eine Unterdeckung bedeutet jedoch nicht, dass eine Pensionskasse
zahlungsunfähig ist. Sobald eine Pensionskasse einen Deckungsgrad von 90
Prozent unterschreitet, ist sie von Gesetzes wegen dazu verpflichtet,
Massnahmen zur Behebung in die Wege zu leiten. Mit diesen
Sanierungsmassnahmen sollte die Unterdeckung beseitigt werden. Die
Versicherten müssen über die beschlossenen Sanierungsmassnahmen
informiert werden.
Es bestehen grundsätzlich die folgenden Sanierungsmassnahmen:
-
Erhebung von Sanierungsbeiträgen bei den aktiven Versicherten:
Von den Arbeitnehmern können Beiträge für die Beseitigung der
Unterdeckung erhoben werden. Der Beitrag des Arbeitgebers muss
mindestens gleich hoch sein, wie die Summe der Beiträge aller
Arbeitnehmer.
-
Nullverzinsung oder geringere Verzinsung der Alterskonten:
Diese Massnahmen sind nur möglich, wenn die Gesamtleistung der
Pensionskasse über den obligatorischen BVG-Teil hinausgeht.
-
Sistierung des WEF-Vorbezugs:
Die Pensionskasse kann im Reglement vorsehen, dass ein Vorbezug für
die Amortisation von bestehenden Hypotheken während der Zeit der
Unterdeckung nicht mehr möglich ist. Ein WEF-Vorbezug für den Erwerb
von Wohneigentum ist trotzdem weiterhin möglich.
-
Sanierungsbeiträge von Rentnern:
Auch von den Rentnern kann verlangt werden, dass sie sich an den
Sanierungsmassnahmen beteiligen. Es erfolgt eine Verrechnung der
Beiträge mit der laufenden Rente. Es dürfen jedoch nur
Sanierungsbeiträge auf dem Teil der laufenden Rente eingefordert
werden, welcher in den letzten zehn Jahren durch gesetzliche oder
nicht reglementarische Erhöhungen entstanden ist. Die Höhe der Rente
bei der Entstehung des Anspruchs bleibt auf jeden Fall erhalten.
Welche Fragen muss sich der Versicherte stellen?
Ein Stellenwechsel aus einer Pensionskasse mit Unterdeckung ist
grundsätzlich unproblematisch. Auch wenn der Deckungsgrad der
Pensionskasse beim Austritt unter 100 Prozent liegt, erhält der
Versicherte seine volle Freizügigkeitsleistung, also das gesamte
Alterskapital.
Anders sieht die Situation aus bei sogenannten Teilliquidationen, also
bei einer erheblichen Verminderung der Belegschaft, Restrukturierung der
Unternehmung oder Auflösung des Anschlussvertrages. Wenn ganze
Abteilungen schliessen oder Massenentlassungen stattfinden, schreibt das
Gesetz die proportionale Kürzung der Freizügigkeitsleistungen vor.
Beim Stellenwechsel kann die Unterdeckung bei der Pensionskasse des
neuen Arbeitgebers wesentliche Konsequenzen für den Versicherten haben.
Neben den gängigen Fragen zum Leistungsniveau und zum Anteil des
Arbeitgebers an der Gesamtfinanzierung sollte man sich heute deshalb
auch unbedingt nach der finanziellen Situation der Pensionskasse
erkundigen. Liegt bei der Pensionskasse der Deckungsgrad unter 100
Prozent, muss man den neuen Arbeitgeber fragen, wie er die Deckungslücke
schliessen will. Beim Vergleich der Deckungsgrade zwischen verschiedenen
Pensionskassen muss beachtet werden, mit welchem technischen Zinssatz
gerechnet wurde. Ein hoher technischer Zinssatz bedeutet, dass man bei
den Annahmen von optimistischen zukünftigen Anlageerträgen ausgegangen
ist. Die meisten Pensionskassenexperten bezeichnen heute 3 Prozent als
realistische Grösse. Je nach vorgesehenen Sanierungsmassnahmen wird man
als Versicherter mehr oder weniger zur Kasse gebeten.
Wenn ein Versicherter nach einem Stellenwechsel einen WEF-Vorbezug für
die Amortisation einer Hypothek beabsichtigt, dann sollte er abklären,
ob das bei seiner neuen Pensionskasse während der Unterdeckung möglich
ist.
Ob ein Pensionskasseneinkauf
bei einer Unterdeckung noch zweckmässig ist oder nicht, lässt sich
nicht allgemein beurteilen. Hat der Versicherte zum Ziel, die
Altersleistungen zu erhöhen, dann ist es wahrscheinlich nicht sinnvoll,
Einkäufe weiterhin zu tätigen. Ist das Hauptziel des Einkaufes die
Steueroptimierung, dann ist ein Pensionskasseneinkauf weiterhin zu
prüfen. Die Verminderung der Rendite nach Steuern wird zwar durch eine
Minderverzinsung der Guthaben beeinflusst, kann aber bei hoher
Grenzsteuerbelastung weiterhin interessant sein. Die durch den
Versicherten zusätzlich geleisteten Einkäufe wären im Falle der
Zahlungsunfähigkeit der Pensionskasse durch den BVG-Sicherheitsfonds
abgedeckt, falls noch kein Leistungsfall eingetreten ist. Vorsicht ist
jedoch in denjenigen Fällen geboten, wo allenfalls eine Teilliquidation
droht. Bei einer Teilliquidation wird das Altersguthaben des
Versicherten anteilsmässig um den Fehlbetrag gekürzt. Entsprechend sind
auch die freiwilligen Einkäufe davon betroffen.
Empfehlungen an die Versicherten
Der Austritt aus einer Pensionskasse mit Unterdeckung bei einem
Stellenwechsel ist grundsätzlich unproblematisch. Der Eintritt in eine
Pensionskasse mit Unterdeckung muss jedoch abgewogen werden, wobei der
Versicherte keinen grossen Handlungsspielraum hat, denn bei einem
Stellenwechsel muss er das Freizügigkeitskapital zwingend an die neue
Pensionskasse übertragen. Auch die Sanierungsmassnahmen der neuen
Pensionskasse lassen sich durch den Versicherten leider nicht
beeinflussen. Das Thema Unterdeckung kann nur in die Lohnverhandlungen
einbezogen werden, indem tiefere Verzinsungen oder Prämienerhöhungen
durch einen höheren Lohn kompensiert werden.
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