Region Basel / Beiträge 2014
  
 

                                           Home  |  Archiv | Treuhand-Kammer



 

Frantisek J. Safarik



Dr. rer. pol.
dipl. Steuerexperte, zugelassener Revisionsexperte
Partner SwissLegal Dürr + Partner, Basel
Mitglied der Treuhand-Kammer und deren Standeskommission
sowie des Sektionsvorstandes
E-Mail:
safarik@swisslegal.ch

 

 

    

     
 

Unklare Steuerfolgen von Rückzahlungen

Geld zurück – Steuern auch?

Das Leben hat zu viele Facetten, als dass die Steuergesetze alle Eventualitäten abdecken könnten. So ist beispielsweise nicht klar geregelt, was auf steuerlicher Ebene geschehen soll, wenn "Abgezocktes" zurückgegeben werden muss.

In letzter Zeit mehren sich Fälle, in denen – unter dem Druck der Öffentlichkeit – hochbezahlte Manager börsenkotierter Unternehmen einen Teil ihrer historischen, nachträglich jedoch als übersetzt taxierten Boni zurück in die Kasse des Arbeitgebers legen müssen. Und auch bei Exponenten des Staates oder Führungskräften in öffentlichen Unternehmen kommt es immer öfter vor, dass Kontrollorgane, wenn sie Unterlagen aus vergangenen Jahren unter die Lupe nehmen, auf Ungereimtheiten bei den Nebenbezügen oder Fehlinterpretationen bei der Unterscheidung zwischen geschäftlichen und privaten Kosten stossen. Wird dann die medial hochgekochte Affäre durch eine Rückzahlung ausgebügelt, stellt sich die knifflige Frage, wie sich die Rückgabe in den Steuerrechnungen der Angeprangerten niederschlagen soll.

In der Fachwelt besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass sich eine solche Rückleistung steuermindernd auswirken müsste. Das gebietet das Prinzip der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Wer weniger Einkommen hat, weil er nicht alles definitiv behalten darf, soll weniger Einkommenssteuern zahlen.

Nicht ganz klar sind allerdings die zeitlichen Aspekte. Wenn die ursprüngliche Leistung dem Jahr 1 zuzuordnen ist, die Rückleistung aber – und es ist fast immer so, dass zwischen dem einen und dem anderen ein grösserer Zeitabstand besteht – erst in einem späteren Jahr 2 erfolgt, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten der steuerlichen Behandlung:

  • Entweder: die Rückleistung wird im Jahr 2 zum Abzug zugelassen

  • Oder: die Leistung im Jahr 1 wird rückwirkend neutralisiert.

Rückzahlung als Steuerabzug

Für steuerliche Zwecke wird das Leben in Steuerjahre zerhackt. Das nennt sich Periodizitätsprinzip. Jedes einzelne Jahr wird weitgehend isoliert betrachtet. Die Höhe der Steuerrechnung richtet sich in erster Linie nach dem in diesem Jahr Zugeflossenen (Einkünfte) und Abgeflossenen (Abzüge). Querverbindungen zwischen einzelnen Steuerjahren sind rar. Und wenn ein Steuerjahr definitiv abgerechnet ist, dann soll es nur unter eng definierten Voraussetzungen wieder aufgerollt werden können. So will es das Prinzip der Rechtskraft.

Deshalb werden Nachzahlungen von Renten oder Alimenten in der Regel erst im Jahr des effektiven Zuflusses besteuert, auch wenn ihr eigentlicher Grund in vergangenen Jahren liegt. Ähnlich auch Boni, die auf der Basis der kommerziellen Erfolge des Arbeitgebers in abgelaufenen Geschäftsjahren bemessen werden. Und auch bei den Abzügen können beispielsweise Hypothekarzinsen oder Verzugszinsen für verspätete Steuerzahlungen erst im Jahr der Fälligkeit geltend gemacht werden, selbst wenn sie sich teilweise auf frühere Zeiträume beziehen. Desgleichen sind Kosten des Liegenschaftsunterhalts erst im Jahr der Fakturierung resp. Rechnungszahlung abziehbar, nicht schon im Jahr der Unterhaltsarbeiten.

Nach diesem Behandlungsmuster wären Rückgaben im Jahr der effektiven Zahlung abziehbar. Das kann allerdings in manchen Fällen seine Tücken haben.

Möglicherweise ist das Einkommen des Betroffenen im Jahr der Rückzahlung nicht hoch genug, um den Abzug zu absorbieren. Sei es, weil der Geldbetrag ausserordentlich hoch ist, sei es, weil der Rückzahlende auf Grund der Vorkommnisse seinen Job verlor oder sein Einkommen aus sonstigen Gründen schrumpfte. Illustrativ ist das berühmte Urteil des obersten US-amerikanischen Gerichtes im Fall James versus United States. Ein Gewerkschaftsfunktionär namens Eugene James zwackte im Jahr 1 drei Millionen vom Gewerkschaftskonto ab. Die Tat flog auf. Er musste im Jahr 2 alles wieder abliefern. Rückschläge warteten auf ihn allerdings auch an der Steuerfront. Er wurde dazu verurteilt, im Jahr 1 die drei Millionen als Einkommen zu versteuern. Denn seit der Staat Steuern erheben kann, erhebt er sie, wo er kann, und auch illegales Einkommen ist steuerbares Einkommen. Im Jahr 2 hätte Eugene James dann zwar einen Steuerabzug von drei Millionen zugute gehabt. Das nützte ihm freilich wenig, weil er als Insasse einer Besserungsanstalt nur noch stark eingeschränkte Möglichkeiten der Einkommenserzielung hatte.

Es kann aber auch sein, dass der Betroffene im Jahr der Rückzahlung schon in einem anderen Kanton oder Land lebt. Der Fiskus am neuen Steuerwohnsitz wird einen steuermindernden Abzug für den Rückfluss kaum mit Begeisterung akzeptieren, weil er den historischen Zufluss nicht besteuern konnte.

Rückwirkende Neutralisierung

Die Alternative ist eine Korrektur der historischen Steuerrechnungen für die Jahre der Zuflüsse der nun zurückzuzahlenden Leistungen. Die Rückgabe müsste dann allerdings als eine "neue Tatsache" interpretiert werden können, damit die im Gesetz vorgesehene Revision rechtskräftiger Veranlagungen überhaupt in Gang gesetzt werden kann. Und der Betroffene muss sich beeilen, denn für das von ihm zu stellende Revisionsbegehren wäre es bereits 91 Tage nach Entdeckung des Revisionsgrundes schon zu spät.

Doch auch dieser Lösungspfad bringt Fragezeichen mit sich. Die Fälle aus der Praxis zeigen, dass sich die Rückgaben oft auf mehrere zurückliegende Jahre beziehen und sich die Parteien – weil sich nicht mehr alles ganz genau rekonstruieren lässt und gewisse Teilelemente umstritten bleiben – oft auf einen runden Gesamtbetrag als Kompromisslösung einigen. Dann ist das Herausfiltern der Verteilung auf die einzelnen Steuerjahre nicht einfach. Abgesehen davon, dass es recht umständlich ist, Steuerveranlagungen für eine ganze Reihe von Jahren zu ersetzen. Namentlich dann, wenn eine Steuerpflicht in mehreren Kantonen oder sogar mehreren Staaten besteht.

Zu denken ist auch an die mögliche Konstellation, dass die historischen Leistungen in den historischen Steuererklärungen des Betroffenen fehlen, obwohl sie dort hätten deklariert werden müssen. Beim Behandlungsmuster der rückwirkenden Neutralisierung würde sich dann die Frage stellen, ob der vergessliche Akteur, der auch nicht die Notbremse einer rechtzeitigen Selbstanzeige zieht, belangt werden kann für Nichtdeklaration von Einkünften, welche sich retroaktiv verflüchtigen.